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Impfungen bei Tumorpatienten

Stand April 2019
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Impfungen bei Tumorpatienten

1Zusammenfassung

Infektiöse Komplikationen sind eine wesentliche Ursache der Morbidität und Mortalität systemischer Tumortherapie. Prävention durch Impfungen ist ein wichtiger Aspekt der Patientenbetreuung. Dabei müssen immunsuppressive Einflüsse sowohl der Grundkrankheit als auch der antineoplastischen Therapie berücksichtigt werden. Diese Empfehlungen schließen die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation ein, während die allogene Stammzelltransplantation Gegenstand einer eigenen Leitlinie ist.

Die Leitlinie ‚Anti-infective vaccination strategies in patients with hematologic malignancies or solid tumors’ wurde von der Arbeitsgemeinschaft Infektionen der DGHO (AGIHO) für die Diagnostik und Therapie dieser Patienten erstellt [1]. Grundlagen der Empfehlungen sind eine systematische Literaturrecherche, die einheitliche Bewertung der Evidenzstärke [2] und ein Konsensfindungsprozess. Dies ist die Kurzfassung dieser Empfehlungen.

2Grundlagen

Infektionen tragen wesentlich zu Morbidität und Mortalität bei Krebspatienten bei, als Komplikationen einer immunsuppressiven Therapie oder indem sie die Durchführung einer wirksamen Therapie verzögern. Neben der prophylaktischen Therapie [3] stellen Impfungen eine wirksame Vorbeugung dar. Die Leitlinien beruhen auf einer systematischen Literaturrecherche und einer einheitlichen Bewertung der Empfehlungsstärke (Tabelle 1) und Qualität der Evidenz (Tabelle 2) nach den Kategorien der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID).

Tabelle 1: Stärke der Empfehlung in Leitlinien der AGIHO 

Klassifikation, Grad

Definition

A

Starke Empfehlung

B

Moderate Empfehlung

C

Schwache Empfehlung

D

Empfehlung gegen den Einsatz

Tabelle 2: Qualität der Evidenz in Leitlinien der AGIHO 

Klassifikation, Grad

Definition

I

  • Ergebnisse aus ≥ 1 gut geplanten, randomisierten klinischen Studie

II

  • Ergebnisse aus ≥ 1 gut geplanten klinischen Studie, ohne Randomisation;

  • aus Kohorten- oder Fall-Kontrollstudien (möglichst aus > 1 Zentrum);

  • dramatische Ergebnisse aus nicht - kontrollierten Studien

III

  • Basierend auf Meinungen angesehener Experten, auf klinischer Erfahrung, auf deskriptiven Fallstudien oder auf Berichten von Expertengruppen

Tabelle 3: Qualität der Evidenz in Leitlinien der AGIHO 

Index

(nur für Evidenzqualität Grad II, siehe Tabelle 2)

Definition

r

Metaanalyse oder systematische Übersicht kontrollierter, randomisierter Studien

t

Evidenztransfer, d. h. Ergebnisse unterschiedlicher Patientenkohorten oder von Patienten mit ähnlichem Immunstatus

h

Vergleichsgruppe ist eine historische Kontrolle.

u

nicht-kontrollierte klinische Studie

a

Abstract, publiziert bei einem internationalen Treffen

2.1Definition

Infektionen durch ambulant erworbene Virusinfektionen der Atemwege (Community-acquired respiratory tract infections (CRVs) können zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen. Unterschieden werden:

  • Infektionen der oberen Atemwege (Upper Respiratory Tract Infection, URTI)

    • typische Symptome sind Husten, Auswurf, Halsentzündung und/oder Kurzatmigkeit

  • Grippe-ähnliche Erkrankung (Influenza-like Infection, ILI)

    • typische Symptome sind plötzliches Auftreten von Fieber, allgemeines Unwohlsein, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen oder mindestens ein Symptom von Infektionen der oberen Atemwege: Husten, Halsentzündung und/oder Kurzatmigkeit

  • Infektionen der unteren Atemwege (Lower Respiratory Tract Infection, LRTI)

    • klinischer oder radiologischer Nachweis einer Pneumonie

Zur Sicherung der viralen Genese ist der Virusnachweis in Abstrichen, aus Flüssigkeit von Spülungen des Nasen-Rachenraums oder einer bronchoalveolären Lavage erforderlich.

3[Kapitel nicht relevant]

4[Kapitel nicht relevant]

5[Kapitel nicht relevant]

6Impfstrategien

6.1krankheitsspezifisch

Die Evidenzlage zur Durchführung von Impfungen ist unterschiedlich. Empfehlungen sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

Tabelle 4: Krankheitsspezifische Impfstrategien 

Erreger

Akute Leukämie

Lymphom, Multiples Myelom, Myeloproliferative Neoplasien

Solide Tumore

Diphterie

B-IIt1

A-IIt

A-IIt

Hämophilus Influenza Typ B

C-IIt

C-IIt

C-IIt

Herpes zoster3

-

A-IIt

-

Influenza

A-IIt, u

A-IIt

A-IIt

Hepatitis A

B-IIt

B-IIt

B-IIt

Hepatitis B

A-IIt

B-IIt

B-IIt

Masern2

B-IIt

B-IIt

B-IIt

Meningokokken

C-III

C-III

C-III

Mumps2

B-IIt

B-IIt

B-IIt

Pertussis

B-IIt

A-IIt

A-IIt

Pneumokokken

A-IIt

A-IIt

A-IIt

Röteln2

B-IIt

B-IIt

B-IIt

Tetanus

B-IIt1

A-IIt

A-IIt

Varizellen2

C-III

C-III

C-III

1 Empfehlungsstärke siehe Tabelle 1, Evidenzgrade siehe Tabellen 2 und 3; 2 eine Impfung mit Lebendimpfstoffen soll nicht durchgeführt werden (D-IIt); 3 Für Patienten mit Haarzell-Leukämie kann eine Zoster-Vakzinierung erwogen werden, da das Risiko dieser Patienten für eine Herpes-Infektion ebenfalls erhöht ist. Studienergebnisse hierzu liegen zum Zeitpunkt der Erstellung noch nicht vor. (BIII);

6.2nach autologer Stammzelltransplantation

Nach einer autologen Stammzelltransplantation ist ein erneuter Impfschutz erforderlich. Empfehlungen sind in Tabelle 5 zusammengefasst.

Tabelle 5: Impfstrategien nach autologer Stammzelltransplantation (ASZT) 

Erreger

Grad der Empfehlung / Evidenzgrad

Zeit nach ASZT (Monate)

Dosierungen

 

Diphterie

B-IIu1

6-12

33

Hämophilus Influenza Typ B

B-IIt

6-12

3-44

Herpes zoster

AIIa

3-6

1-2

Influenza

A-IIt

3-6

1-25

Hepatitis A

B-III

6-12

1-36

Hepatitis B

B-IIt

6-12

3

Masern2

B-IIt

24

1-2

Meningokokken

B-IIt

6-12

1-24

Mumps2

B-IIt

24

1-2

Pertussis

B-III

6-12

37

Pneumokokken

A-IIt

3-6

48

Poliomyelitis

B-IIt

6-12

39

Röteln2

B-IIt

24

1-2

Tetanus

B-IIu

6-12

3

Varizellen2

B-IIt

24

1-3

1 Empfehlungsstärke siehe Tabelle 1, Evidenzgrade siehe Tabellen 2 und 3; 2 keine Impfung mit Lebendimpfstoffen <24 Monaten nach ASZT; 3 volle Dosis („D“) bevorzugt (BIII); 4 konjugierter Impfstoff bevorzugt; 5 bessere Seroprotektion mit 2 Dosen (BIIt); 6 Hepatitis A-Impfung kann durchgeführt werden; individuelle Risikosituation abwägen; 7 volle Dosis der azellulärer Impfstoff (aP) bevorzugt; 8 drei Dosen PCV13, gefolgt von einer Dosis PPSV23; 9 nur inaktivierter Impfstoff; bevorzugt (BIII);

6.3Asplenie

Wir verweisen auf die Onkopedia Empfehlungen zu Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie [4].

6.4Neue Arzneimittel

Aufgrund der raschen Entwicklungen bei den neuen Arzneimitteln liegen kaum Daten aus großen, kontrollierten Studien vor.

6.4.1Anti-CD20 Antikörper

Anti-CD20-Antikörper führen zu einer fast vollständigen Depletion von B-Zellen für bis zu 6 Monate. Da eine funktionierende B-Lymphopoese für eine angemessene Immunantwort erforderlich ist, sind Impfstrategien bei diesen Patienten schwierig. Grundsätzlich sollen in den ersten 6 Monaten nach einer Anti-CD20-Antikörpertherapie keine Impfungen durchgeführt werden (D-IIu). Innerhalb des ersten Jahres kann die Bestimmung der Antikörpertiter und ggf. eine erneute Impfung ein Weg zum effektiven Impfschutz sein.

6.4.2Kinase-Inhibitoren

Kinase-Inhibitoren haben sehr unterschiedliche zelluläre Angriffspunkte. Sie können die Immunantwort unterdrücken, steigern oder ohne wesentlichen Einfluss bleiben. Empfohlen wird die Bestimmung der Antikörpertiter und ggf. eine erneute Impfung.

6.4.3Checkpoint-Inhibitoren

Aufgrund ihres Wirkmechanismus ist bei diesen Immuntherapeutika eher mit einer Verstärkung als mit einer Suppression der Immunantwort zu rechnen. Da die Patienten aufgrund der malignen Grundkrankheit weiterhin infektgefährdet sind, sollten sie alle erforderlichen Impfungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erhalten. Bisher vorliegende Studienergebnisse lassen auf Verträglichkeit und Wirksamkeit der üblichen Impfungen schließen.

7[Kapitel nicht relevant]

8[Kapitel nicht relevant]

9Literatur

  1. Rieger CT, Liss B, Mellinghoff S et al.: Anti-infective vaccination strategies in patients with hematologic malignancies or solid tumors—Guideline of the Infectious Diseases Working Party (AGIHO) of the German Society for Hematology and Medical Oncology (DGHO) Ann Oncol 29:1354-1365, 2018. DOI:10.1093/annonc/mdy117

  2. Maschmeyer G et al.: Onkopedia, Infektionen in der Hämatologie und Onkologie, 2018

  3. Sandherr M et al.: Onkopedia, Antivirale Prophylaxe, 2014;

  4. Engelhardt M et al.: Onkoepdia, Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie, 2013.

10[Kapitel nicht relevant]

11[Kapitel nicht relevant]

12[Kapitel nicht relevant]

13[Kapitel nicht relevant]

14[Kapitel nicht relevant]

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Dieter Buchheidt
Prof. Dr. med. Oliver A. Cornely
Uniklinik Köln, Klinik I für Innere Med.
Zentrum für Klinische Studien
Infektiologie-Hämatologie-Onkologie
Kerpener Str. 62
50937 Köln
Prof. Dr. med. Gerlinde Egerer
Universitätsklinikum Heidelberg
Medizinische Klinik V
Hämatologie/Onkologie
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
Prof. Dr. med. Werner Heinz
Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim
Med. Klinik 2
Uhlandstr. 7
97980 Bad Mergentheim
Prof. Dr. med. Marcus Hentrich
Rotkreuzklinikum München gGmbH
III. Medizinische Abteilung -
Hämatologie und Onkologie
Nymphenburger Str. 163
80634 München
Nicola Lehners
Heidelberg
Dr. med. Blasius Liss
HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal
Med. Klinik 1 für Hämatologie,
Onkologie und Palliativmedizin,
Nephrologie, Rheumatologie
Heusnerstr. 40
42283 Wuppertal
Prof. Dr. med. Georg Maschmeyer
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie
und Medizinische Onkologie (DGHO)
Onkopedia-Koordinator
Bauhofstr. 12
10117 Berlin
Dr. med. Karin Mayer
Uniklinik Bonn
Medizinische Klinik III
Sigmund-Freund-Str. 25
53105 Bonn
Dr. med. Sibylle Mellinghoff
Universitätsklinikum Köln
Klinik I für Innere Medizin
Kerpener Str. 62
50937 Köln
Prof. Dr. med. Christina Rieger
Hämatologie Onkologie Germering
Landsberger Str. 27
82110 Germering
PD Dr. med. Michael Sandherr
MVZ Penzberg
Schwerpunktpraxis für Hämatologie und Onkologie
Filialpraxis Weilheim
Röntgenstr. 4
82362 Weilheim
Dr. med. Gerda Silling
Uniklinik Aachen
Medizinische Klinik IV
Klinik für Haematologie, Onkologie
und Stammzelltransplantation
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen
Univ.-Prof. Dr. med. Andrew J. Ullmann
Universitätsklinik Würzburg
Julius-Maximilians-Universität
Medizinische Klinik & Poliklinik II
Oberdürrbacher Str. 6
97080 Würzburg
Prof. Dr. med. Maria J. G. T. Vehreschild
Universitätsklinikum Frankfurt
Medizinische Klinik II
Infektiologie
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt am Main
Prof. Dr. med. Marie von Lilienfeld-Toal
Ruhr-Universität Bochum
Medizinische Fakultät
Institut für Diversitätsmedizin
Universitätsstr. 105
44789 Bochum
Dr. med. Hans-Heinrich Wolf
Südharzklinikum
Klinik für Innere Medizin III
Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie
Dr.-Robert-Koch-Str. 39
99734 Nordhausen

16Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten

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Reference:

Quellenangabe:

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