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Monoklonale B Lymphozytose

ICD-10 ICD-O 9823/1 und 9591/1
Stand August 2018
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Monoklonale B-Zell Lymphozytose

1Zusammenfassung

Die Monoklonale B-Zell-Lymphozytose (MBL) ist ein relativ häufiger Befund in der hämatologischen Diagnostik. Seit 2017 wird sie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als fakultative Präneoplasie für eine chronische lymphatische Leukämie (CLL) oder verwandte Lymphome klassifiziert. Eine MBL findet sich in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 0,5-5%. Inzidenz, Prävalenz und Ausmaß steigen mit dem Alter. Das Progressionsrisiko und mithin das klinische Management richtet sich maßgeblich nach der Zahl der monoklonalen B-Zellen.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Die Monoklonale B-Zell-Lymphozytose (MBL) ist definiert durch den Nachweis monoklonaler B-Zellen im peripheren Blut, die jedoch weniger als 5.000/µl (5,0 G/l oder 5 x109/l) betragen. Gleichzeitig darf kein weiterer Anhaltspunkt für eine lymphoproliferative Erkrankung bestehen (z.B. Lymphadenopathie, (Hepato-)Splenomegalie, Organinfiltrationen) [12]. Die entsprechenden Befunde müssen für mindestens drei Monate reproduzierbar und stabil sein.

In etwa 75% der Fälle weist die MBL einen CLL-Phänotyp auf („CLL-type MBL“: Leichtkettenrestriktion, CD5+/CD19+/CD20low/CD23+/Iglow). Die beiden häufigsten abweichenden Phänotypen sind die MBL mit atypischem CLL-Phänotyp (atypical CLL-type MBL; ca. 5% d. F.; Leichtkettenrestriktion, CD5+/CD19+/CD20+/CD23+/Ig+ oder CD5+/CD19+/CD20low/CD23-/ Ig+) und die non-CLL-type MBL (ca. 20% d. F.; Leichtkettenrestriktion, CD5-/CD19+/CD20+/Ig+) [3].

Die WHO erwähnt in ihrer revidierten 4. Auflage der hämatologischen Krankheitsklassifikation zudem eine tissue-type MBL, welche charakterisiert ist durch:

  • MBL und

  • CLL-Infiltration eines Lymphknotens ohne Proliferationszentren und

  • fehlende Lymphadenopathie (Lymphknoten ≤1,5 cm)

2.2Epidemiologie

Eine MBL findet sich in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 0,5-5% [4]. Die Prävalenz ist dabei abhängig von der diagnostischen Methode einerseits und dem Patientenalter andererseits. Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz an und ist überdies deutlich erhöht bei Personengruppen mit Verwandten ersten Grades, die an einer manifesten lymphoproliferativen Erkrankung erkrankt sind. Bei unter 40-Jährigen ist eine MBL nur selten feststellbar, jenseits des 80. Lebensjahres kann die Prävalenz >50% betragen. Die epidemiologischen Angaben zur MBL beziehen sich in erster Linie auf die sog. westlichen Industrienationen. Andernorts weichen Inzidenz und Prävalenz erheblich ab, wobei auch der Anteil von non-CLL-type MBL signifikant höher ist [5].

Trotz des primären Fehlens eines eigenen Krankheitswertes wird jedoch in Populationsstudien berichtet, dass vor allem high-count MBL (Definition siehe Kapitel 4.3) mit höheren Raten an Infekten und nicht-hämatologischen Tumoren als in der Normalbevölkerung vergesellschaftet sind [1011]. Richtlinien zum klinischen Monitoring solcher Endpunkte in der Praxis existieren aber nicht.

3[Kapitel nicht relevant]

4Klinisches Bild

4.1Symptome

Die MBL ist im eigentlichen Sinn keine Erkrankung, sondern zunächst ein Laborbefund. Sie ist per definitionem asymptomatisch. Klinische Symptome wie Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Fieber o. a. können Hinweis auf eine manifeste, lymphoproliferative Erkrankung oder andere Ursache sein.

4.2[Kapitel nicht relevant]

4.3Risiko der Progression

Die WHO unterteilt die MBL in Anhängigkeit vom Progressionsrisiko in zwei Unterformen:

  • low-count MBL: monoklonale B-Zellen <500/µl bzw. <0,5 G/l bzw. <0,5 x 109/l

  • high-count MBL: monoklonale B-Zellen ≥500 und <5.000/µl bzw. ≥0,5 und <5,0 G/l bzw. ≥0,5 und <5,0 x 109/l

Während sich das Risiko für eine Progression bei low-count CLL-type MBL nicht vom Risiko einer de novo CLL in der Allgemeinbevölkerung unterscheidet, beträgt das Risiko einer high-count CLL-type MBL für den Übergang in eine behandlungsbedürftige CLL ca. 1-2% pro Jahr [7]. Das Transformationsrisiko für atypische CLL-type MBL und non-CLL-type MBL ist weniger gut untersucht, liegt möglicherweise jedoch beträchtlich höher. Epidemiologische Untersuchungen belegen zudem individuelle Schwankungen in der Progressionswahrscheinlichkeit [56]. Große Analysen haben andererseits gezeigt, dass jeder CLL eine MBL vorangeht [1].

Die bekannten Progressionsfaktoren der CLL erlauben keine zuverlässige individuelle Abschätzung der Progressionswahrscheinlichkeit einer CLL-type MBL. Es lässt sich lediglich feststellen, dass die Prävalenz CLL-typischer zytogenetischer (z.B. del(13q)) oder molekulargenetischer Läsionen (z.B. IgHV-Keimbahnhomologie) mit steigenden Lymphozytenwerten zunimmt [46].

5Diagnose

5.1Diagnostik

Die Diagnose einer MBL ist häufig ein Zufallsbefund. Liegen konkrete Verdachtsmomente für eine lymphoproliferative Erkrankung vor, insbesondere eine persistierende Lymphozytose, resultiert die Diagnose einer MBL in der Regel aus der entsprechenden Ausschlussdiagnostik. Ein diagnostischer Algorithmus ist in der nachfolgenden Übersicht dargestellt, siehe Abbildung 1.

Abbildung 1: Differenzialdiagnostik der B-Zell-Lymphozytose 
1  NHL-typische Symptome: B-Symptome (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust), Autoimmunzytopenien, opportunistische Infekte2  Die aleukämische Verlaufsform der CLL wird als kleinzelliges lymphozytisches Lymphom (SLL) klassifiziert.

Von der Bestimmung CLL-typischer Prognosefaktoren bei der MBL wird in der Regel abgeraten, da deren klinischer Stellenwert im Kontext einer MBL weitgehend unklar ist. Gleichzeitig kann das Vorliegen für die CLL ungünstiger Prognosefaktoren bei der MBL für erhebliche Verunsicherung sorgen.

6[Kapitel nicht relevant]

7[Kapitel nicht relevant]

8Verlaufskontrolle und Nachsorge

8.1Verlaufskontrolle

Ziele von Verlaufskontrollen sind initial der Ausschluss einer behandlungsbedürftigen, lymphoproliferativen Erkrankung in einem frühen Stadium und im weiteren Verlauf eine möglichst frühzeitige Erfassung der Entwicklung hin zu einer prognostisch ungünstigen oder behandlungsbedürftigen, lymphoproliferativen Erkrankung.

Da Individuen mit einer low-count CLL-type MBL und einer stabilen Lymphozytose von <500/µl bzw. <0,5 G/l bzw. <0,5 x 109/l keine Progredienz über mehrere Jahre zeigen, erscheint in diesem Kollektiv eine einmalige Verlaufskontrolle per Immunphänotypisierung 6-12 Monate nach Erstdiagnose als ausreichend [6], siehe Tabelle 1.

Individuen mit einer high-count CLL-type MBL weisen ein höheres Progressionsrisiko auf, weswegen in diesem Kollektiv regelmäßige Kontrollen in Abständen von 6-12 Monaten indiziert erscheinen. Zusätzlich zur Immunphänotypisierung sollte hier auch eine körperliche Untersuchung, evtl. auch erweitert um eine sonographische Untersuchung des Abdomens einschließlich Lymphknoten-Sonographie, zur Erkennung einer Lymphadenopathie oder von Organomegalien durchgeführt werden [6].

Tabelle 1: Kontrollen MBL 

Zeitpunkt

Kollektiv / monoklonale B-Zellen

Intervall

Methode

Erstdiagnose

alle

einmalig

Immunphänotypisierung, klinische Untersuchung

Verlauf

<0,5 G/l

einmalig nach 6-12 Monaten

Differenzialblutbild, evtl. Immunphänotypisierung

≥0,5 und <5,0 G/l

regelmäßig alle 6-12 Monate

Differenzialblutbild, evtl. Immunphänotypisierung, klinische Untersuchung

Ab ≥5,0 G/l B-Zellen oder bei zusätzlichem Auftreten Lymphom-typischer Symptome (z.B. Lymphadenopathie, Splenomegalie, Autoimmunzytopenie) liegt eine manifeste lymphoproliferative Erkrankung (CLL etc.) vor. Zur entsprechenden Diagnostik siehe Onkopedia Chronische Lymphatische Leukämie bzw. Onkopedia indolente Non-Hodgkin Lymphome.

9Literatur

  1. Landgren O, Albitar M, Ma W et al.: B-cell clones as early markers for chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med 360:659-667, 2009. PMID:19213679

  2. Marti GE, Rawstron AC, Ghia P et al.: Diagnostic criteria for monoclonal B-cell lymphocytosis. Br J Haematol 130:325-332, 2005. DOI:10.1111/j.1365-2141.2005.05550.x

  3. Mulligan CS, Thomas ME, Mulligan SP: Monoclonal B-cell lymphocytosis and chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med 359:2065-2066, 2008. PMID:18987375

  4. Rawstron AC, Bennett FL, O'Connor SJ et al.: Monoclonal B-cell lymphocytosis and chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med 359:575-583, 2008. PMID:18687638

  5. Rawstron AC, Ssemaganda A, de Tute R et al.: Monoclonal B-cell lymphocytosis in a hospital-based UK population and a rural Ugandan population: a cross-sectional study. Lancet Haematol 4: e334-e340, 2017. DOI:10.1016/S2352-3026(16)30192-2

  6. Rawstron AC: Monoclonal B-cell lymphocytosis. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 430-439, 2009. PMID:20008229

  7. Rossi D, Sozzi E, Puma A et al.: The prognosis of clinical monoclonal B cell lymphocytosis differs from prognosis of Rai 0 chronic lymphocytic leukaemia and is recapitulated by biological risk factors. Br J Haematol 146:64-675, 2009. DOI:10.1111/j.1365-2141.2009.07711.x

  8. Shanafelt TD, Ghia P, Lanasa MC et al.: Monoclonal B-cell lymphocytosis (MBL): biology, natural history and clinical management. Leukemia 24:512-520, 2010. DOI:10.1038/leu.2009.287

  9. Shanafelt TD, Kay NE, Rabe KG et al.: Brief report: natural history of individuals with clinically recognized monoclonal B-cell lymphocytosis compared with patients with Rai 0 chronic lymphocytic leukemia. J Clin Oncol 27:3959-3963, 2009. DOI:10.1200/JCO.2008.21.2704

  10. Solomon BM, Chaffee KG, Moreira J et al.: Risk of non-hematologic cancer in individuals with high-count monoclonal B-cell lymphocytosis. Leukemia 30:331-336, 2016. DOI:10.1038/leu.2015.235

  11. Strati P, Shanafelt TD. Monoclonal B-cell lymphocytosis and early-stage chronic lymphocytic leukemia: diagnosis, natural history, and risk stratification. Blood 126:454-62, 2015. DOI:10.1182/blood-2015-02-585059

  12. Swerdlow SH, Campo E, Harris LN et al.: WHO classification of tumours of haematopoietic and lymphoid tissues. Lyon, France: IARC, 2017

10[Kapitel nicht relevant]

11[Kapitel nicht relevant]

12[Kapitel nicht relevant]

13[Kapitel nicht relevant]

14[Kapitel nicht relevant]

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Monika Brüggemann
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Klinik für Innere Medizin II
Hämatologie und Onkologie
Langer Segen 8-10
24105 Kiel
PD Dr. med. Alexander Egle
Landeskrankenhaus Salzburg
3. Med. Universitätsklinik für Hämatologie
Müllnerhauptstr. 48
A-5020 Salzburg
Dr. med. Michael Gregor
Luzerner Kantonsspital
Departement Medizin
Hämatologische Abteilung
Spitalstr.
CH-6000 Luzern 16
Prof. Dr. med. Karl-Anton Kreuzer
Klinikum der Universität zu Köln
Klink I für Innere Medizin
Kerpener Str. 62
50937 Köln
Prof. Dr. med. Clemens-Martin Wendtner
Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie,
Palliativmedizin, Infektiologie und Tropenmedizin
München Klinik Schwabing
Kölner Platz 1
80804 München

16Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten

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Reference:

Quellenangabe:

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